Gault Millau hat Cantina Rabaja in Konstanz vergessen
Der Gault Millau hat ausgerechnet die Cantina Rabaja in Konstanz vergessen. Verdutzt reiben wir uns die Augen. Das ist wirklich ein Malheur. Die Cantina Rabaja muss sich 2015 deswegen ganz ohne Kochmützen behaupten. Auch die Seezunge, der Bodensee-Gastroführer, hat seit der Übernahme noch nicht vorbei geschaut. Wir machen uns deswegen trotzdem keine großen Sorgen. Denn seit Maria und Jörg die Cantina Rabaja übernommen haben, wähnen sich Freunde des guten Essens an diesem gastliche Ort im Gewölbe in der Kreuzlinger Straße im Feinschmeckerhimmel. Die beiden werden es schon schaffen.
Peng, ein toter Restaurantbesitzer
“Köche haben sich deswegen erschossen”, sagte Jörg Kersting am Samstagabend. Eine Drohung ist das aber zum Glück nicht, weil wir die Weinempfehlungen des Restaurantfachmanns und Herrn des Hauses sehr vermissen würden. Aber da wäre ja im Fall des Falles immer noch Maria Gorzen, die in der kleinen Küche des Hauses mit ihrem Kochpartner handwerklich auf sehr hohem Niveau arbeitet und wunderbare Gerichte kreiert. Ihre Küche überzeugt mit Qualität und Kreativität. Und streng genommen haben sich die Köche ja auch nicht wegen ein paar Kochmützen des Gault Millau erschossen, sondern, wenn schon, wegen verglühter Michelin Sterne.
Eine Geschmacksexplosion
Das von uns selbst zusammengestellte Menü verdiente zumindest ein paar Sternchen. Die Vorspeise, geräucherte Forelle und Heilbutt mit Kartoffelrösti an Rote Beete-Apfelsalat und Meerrettichschaum beeindruckte. Der Teller war perfekt angerichtet. Der Fisch verströmte ein wunderbares Räucheraroma. Konsistenz und Geschmack hielten den Erwartungen stand. Jede einzelne Komponente wäre schon für sich alleine ein Genuss gewesen. Jörg empfahl zur Vorspeise einen Chardonnay, der die rauchige Note des Fisches unterstrich. Die dünn aufgeschnittenen Entenbrust „sous vide“ an Apfel-Birnen-Chutney mit Feldsalat und Himbeerdressing stand dem Fisch wohl in nichts nach. Jörg empfahl dazu übrigens einen eher fruchtigen Müller-Thurgau.
Vorzüglich „Stroganoff“
Die Karte, die Jörg und Maria immer gemeinsam schreiben, war am Samstagabend mit jeweils fünf, sechs unterschiedlichen Vor- und Hauptspeisen und einigen Pastagerichten angenehm übersichtlich – und doch mit Fisch-, Fleisch- und Pastagenüssen recht vielfältig. Peperonispaghetti “alio olio” mit Tomate, Paprika, Chili, Knoblauch, Grana Padano und Gamba wären sicher eine Option gewesen. Doch Pasta, das glauen wir wenigstens, können wir auch daheim ganz gut. Wann aber lassen wir uns schon dazu hinreißen, Rinderfiletstreifen „Stroganoff“ mit gebratenen Serviettenknödeln in der heimischen Küche zuzubereiten? Für das Rinderfiletstreifen „Stroganoff“ verzichteten wir sogar auf gebratenes Saiblingsfilet an Limettengemüse und Sepia-Tagliatelle oder gebratenes Lammkarree mit Ratatouille und Rosmarin-Drillingen. Wir haben die „Stroganoff“-Wahl nicht bereut. Auch die Knödel perfekt. Und schon die bräunliche Soße war ein Genuss, einfach zum Auslöffeln gut. Jörg empfahl uns dazu einen Cuvée Braida. Schwerer Chianti wäre tatsächlich too much gewesen. Vor dem Dessert legten wir eine kleine Pause ein und nutzten sie für die Bescherung. Das Beste kommt, so heißt es ja, zum Schluss. Der halbflüssige Schokoladenkuchen mit Lavendel-Joghurteis ist in jedem Fall empfehlenswert – und wohl auch das Maronen-Vanilleparfait mit Apfelkompott und Weißwein-Zabaione. Die Nachspeise jedenfalls beschloss einen wunderbaren Abend, der etwa vier Stunden zuvor mit einem Prosecco brut zum Anstossen auf Weihnachten begonnen hatte.
Sonntägliche Bescheidenheit
Heute sind wir eher bescheiden und uns werden später daheim voraussichtlich Spaghetti mit Pesto und Parmesan genügen. Die Cantina Rabaja leisten wir uns nur zu besonderen Anlässen. Manchmal schmeckt zum Glück auch ein Börek beim Türken um die Ecke oder wir beißen mit Genuss in eine leckere Bratwurst an der Münsterbar.
Guide Seezunge
Apropos Münsterbar. Neulich haben wir dort auch Maria Peschers getroffen, die uns erzählte, dass die aktuelle Seezunge 2015, der wohl größte regionale Gastroführer am Bodensee, gerade erschienen ist. Restauranttester, die bei der Seezunge übrigens KorrESSpondenten heißen, haben Restaurants in unterschiedlichen Kategorien getestet. Maria Pescher legt Wert auf die Feststellung, dass die KorrESSpondenten selbst bezahlen und nicht käuflich sind. In der Cantina Rabaja war Maria Peschers leider noch nicht, wenigstens noch nicht, seit Jörg und Maria übernommen haben. Das ist ein bisschen schade, weil auch in der Seezunge die Cantina Rabaja, die ein echter Gastro-Aufsteiger in Konstanz ist, deswegen noch fehlt.
Selbstzahler
Nur vorsorglich sei an dieser Stelle darauf hingewiesen: Auch wir haben in der Cantina Rabaja einen Tisch reserviert und für den Genuss bezahlt. Schreiben wollten wir über unser Weihnachtsessen eigentlich nicht. Wir sind ja schließlich keine Food-Blogger. Der Vollständigkeit halber verraten wir sogar: Verwöhnt hat uns Jörg zusätzlich mit kleinen Grüßen aus der Küche und einem köstlichen kleinen Dessertwein. Wow. Das war nett, aber der Abend wäre auch so und ohne die kleinen Zugaben kulinarisch ein gelungener gewesen.
Kontakte
Die Seezunge 2015 mit 324 Seiten gibt es seit dem 16. Dezember im örtlichen Buch- und Zeitschriftenhandel, telefonisch unter +49 (0)751 2955 5520, per E-Mail unter oder unter www.seezunge.de. Sie kostet 8 Euro plus im Einzelversand 2,20 Euro Zuschlag. Die Cantina Rabaja ist unter und Telefon 07531-917 884 zu erreichen.
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